Weihnachten ohne den Menschen an der Seite
„Kann man Trauernden ein schönes Weihnachtsfest wünschen?“ Eine Frage, die sich wahrscheinlich viele Menschen stellen, und über deren mögliche Antworten sich jetzt die Besucherinnen und Besucher des monatlichen Trauercafés der Johanniter in Lüdenscheid ausgetauscht haben.
„Mir ist nicht nach Weihnachtsschmuck und deswegen dekoriere ich auch nicht“, sagt eine Teilnehmerin. Es sei ihr erstes Weihnachten ohne den verstorbenen Partner, erzählt die Dame. „Meine Kinder trauern auch, und daher wird es für uns kein im landläufigen Sinne ‚schönes‘ Fest. Wir verbringen es jedoch gemeinsam – und das wiederum ist schön.“
Wenn Nachbarn die Straßenseite wechseln
Dass sich Trauernde gegenseitig stützen und helfen können, ist eine Erfahrung, die auch die Gäste des Trauercafés regelmäßig machen. Hier sage eben keiner „Jetzt muss es aber auch mal gut sein“, wenn sie über den Verlust ihres Mannes spreche, meint eine Lüdenscheiderin. Sie hat bereits erlebt, dass Menschen im Ort die Straßenseite wechseln, um ihr nicht zu begegnen.
„Früher klingelte bei uns oft das Telefon, und wir hatten viel Besuch, das ist nun anders“, ergänzt ein Besucher des Trauercafés. Wie die anderen Gäste hat er vor dem gemeinsamen Imbiss und dem Austausch eine Kerze für den verstorbenen Menschen an seiner Seite in einem Glasgefäß angezündet.
Alles ist besser als das Schweigen
Viele Trauernde gerieten in eine Isolation, sagt Johanniter-Mitarbeiterin Kathrin Schumacher, die das Trauercafé gemeinsam mit ehrenamtlich Engagierten leitet. „Wir wissen ja, dass das meist aus Unsicherheit und eigenen Ängsten heraus geschieht, dennoch ist es verletzend“, da sind sich die Gäste des Trauercafés einig. Und sie stimmen auch darin überein, dass sie auf das anstehende Weihnachtsfest und ihre Trauer angesprochen werden möchten. „Das ist besser als ein Schweigen, und ich finde es gut, wenn meine Trauer aus der Tabuzone geholt wird“, erklärt eine Café-Besucherin.
An diesem Abend liest Kathrin Schumacher den Besucherinnen und Besuchern die afrikanische Legende von dem Adler vor, dem irgendwann klar wird, dass er kein Huhn ist und daher weit und hoch fliegen kann. „Kreativ sein, querdenken und Mut haben, kann unser Leben verändern und bereichern“, sagt sie. Und tatsächlich stellen zwei Frauen am Kaffeetisch des Cafés fest, dass sie die gleichen Ideen für ganz andere Weihnachten hatten: Mit einem Reiseanbieter sind sie demnächst bei einem winterlichen Ausflug mit dem Bus unterwegs.
Mit freundlicher Genehmigung des Johanniter-Regionalverbands Südwestfalen.
13. Dezember 2018