Wenn die Worte und Gesten fehlen

Stirbt ein Mensch sind Trauernde erschüttert und Tröstende oft ratlos. Die Aktion „Trauer mit mir“ der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau rückt daher den praktischen Umgang mit dem Verlust in den Blickpunkt.

„Um einen Menschen zu trauern, ist eine Erfahrung, die aufwühlt und bewegt“, sagt Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Tod und Trauer gehörten zwar zu den am meisten bewegenden Erfahrungen im Leben, dennoch führten sie im öffentlichen Bewusstsein oft ein Schattendasein. „Und so wechseln Menschen aus Scheu vor der Begegnung mit einem Trauernden mitunter die Straßenseite, während der Trauernde selbst mit dem Meistern seines Alltags überfordert ist“, beschreibt es Trauerbegleiterin Britta Laubvogel, Referentin des Evangelischen Dekanats Wetterau in Hessen.

Kein letztes Wort für den Tod

Angesichts dieser Sprach- und Hilflosigkeit stellt die hessen-nassauische Landeskirche jetzt den Umgang mit dem Tod, mit der Trauer und dem Trösten ins Zentrum ihrer groß angelegten Aktion „Trauer mit mir“. In deren Mittelpunkt stehen persönliche Briefe mit der Abbildung einer auf dem Kopf stehenden Rose und der Aufschrift „Und jetzt?“ an die mehr als 1,5 Millionen Kirchenmitglieder der EKHN. Das Schreiben gibt Anregungen und Hilfestellungen in einer Situation, die eben für viele das Leben auf den Kopf stellt: Es schildert ganz anschaulich mit Worten und Grafiken, welche Schritte Trauernde gehen und wie Menschen sich gegenseitig trösten können.

Begleitet wird der Brief von einer Internetseite, einer Sonderausgabe der Evangelischen Sonntagszeitung in Hessen und Nassau und zahlreichen Arbeitsmaterialien. Die Aktion wird zudem von rund 500 Gemeinden vor Ort mit großen Fahnen, Plakaten, eigenen Ideen und regionalen Veranstaltungen flankiert. „Trauer mit mir“ gehört in die Reihe der sogenannten Impulspost-Aktionen, mit denen die hessen-nassauische Landeskirche zwei Mal im Jahr besondere Glaubensanstöße an ihre Mitglieder weitergibt.

Menschen angesichts von Leid, Tod und Trauer zu begleiten, sei nach christlichem Verständnis gelebte Nächstenliebe, sagt Kirchenpräsident Jung. „Damit drücken wir als Christinnen und Christen unsere Überzeugung aus, dass Tod und Sterben nicht das letzte Wort haben.“

„Ruf mich an, reicht oft nicht

Mit welchen Worten den Trauernden beigestanden werden kann und mit welchen eher nicht, beschreibt die in der Hospizarbeit tätige Pfarrerin Nirmala Peters aus Mainz: Der Aufforderung „Ruf mich an, wenn Du was brauchst“ werde kaum ein Trauernder nachkommen, denn das stelle in seiner Situation eine viel zu große Hemmschwelle dar, sagt sie. „Da ist es besser, einfach mal anzurufen, eine Textnachricht zu schreiben oder anzubieten, vom Einkauf etwas mitzubringen.“

Kirchenpräsident Jung unterstreicht das: „Trauernde Menschen erleben, dass es oft nur eine Hilfe gibt: dass andere sich für sie interessieren und an ihrer Seite sind.“ Und dabei hätten Trauernde das unbedingte Recht, selbst zu entscheiden, wie nah sie andere an sich heranlassen und wie gute Angebote für sie auszusehen haben.

Für sie und die Menschen in ihrem Umfeld bieten die Medien der Aktion „Trauer mit mir“ unter anderem eigens gestaltete Karten für Hinterbliebene und Trauerende, Checklisten für Beerdigungen und Formulierungen für Kondolenzschreiben, außerdem tröstende Gebete und Lieder, Buch- und Medientipps sowie Kontaktadressen für die Trauerbegleitung vor Ort.

Der christliche Glaube habe auch angesichts des Todes eine Hoffnungsbotschaft, fasst Kirchenpräsident Jung den Hintergrund der Aktion zusammen. „Und sie gibt uns Kraft, auch in schweren Stunden der Trauer füreinander da zu sein.“

24. Oktober 2019