Heimrich Schütz

Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“ SWV 280

Die für achtstimmigen Doppelchor gesetzte Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“ ist Teil der Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz, einer 1636 komponierten Begräbnismusik. Sie stellt ein herausragendes Werk der Protestantischen Kirchenmusik des 17.Jahrhunderts dar. Sie überzeugt durch eine vollkommene Harmonie von Musik und Bibelwort. Sie gewinnt dadurch Herz und Verstand und macht die Hoffnung auf eine letztgültige Versöhnung spürbar.

Der Text stammt aus Psalm 73,v.25.26. Es ist das Gebet eines verlassenen und verzweifelten Menschen. Ihn quälen körperliche Schmerzen und soziale Isolation. Mit Bitterkeit schaut er auf die Anderen, die gesund und unbelastet durch das Leben gehen. Und die ihn übersehen.

Dieser beklagenswerte  Zustand des Psalmenbeters wird durch einen Blickwechsel aufgebrochen. Er wendet seine Augen auf die Treue Gottes. Seiner Qual setzt er ein trotziges „Dennoch“ entgegen. “ Dennoch bleibe ich stets bei dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.“ Die dann folgenden Worten hat Schütz in seiner Motette vertont.

Die Motette beginnt mit einem sehnsuchtsvollen “ Herr, wenn ich nur dich habe“, in das beide Chöre mit einzelnen kunstvoll miteinander verwobenen Stimmen einfallen. Wie zur Bestätigung folgt in mehreren Wiederholungen die zuversichtliche Aussage „so frage ich nichts nach Himmel und Erde“.

Die Kraft dieses Glaubens  wird bis an die Grenzen menschlicher Existenz bekräftigt. Auch dann, „wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet,“ soll sie gelten. Die leisen Töne der Motette an dieser Stelle lassen das Leid und die Seelennot nachempfinden. Sie sind real. Hörbar. Rühren an.

Ganz verhalten tauchen neue Töne auf. Erst sind es einzelne Stimmen, die sie singen: „So bist du doch Gott.“  Dann beide Chöre. Dieses Wort schafft sich mehr und mehr Raum. Es wird in immer neuen Variationen gesungen. Es verdrängt die Not und die Depression. „So bist du doch Gott.“ Gott bleibt Gott. Auch in der äußersten Bedrängnis. Er bleibt Gott, den Menschen zugewandt, “ allezeit meines Herzens Trost und mein Teil,“ wie der Chor dann neu  bestätigt.

Mit diesem tröstenden Ausblick verklingt die Motette. Sie lässt die Hörenden bestärkt und angeregt zurück..

Die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz  sind von vielen Chören auf CD erhältlich. Mir gefällt besonders die alte Aufnahme vom Dresdner Kreuzchor  (Leitung R. Mauersberger) auf dem Label Berlin.

Christoph Berthold