Christliche Überlegungen zur Patientenverfügung

Christinnen und Christen wissen sich im Tod von der Liebe Gottes umfangen. Der Tod ist nicht das letzte Wort. Gottes Zusage gilt: Wir werden mit Christus auferweckt. Aus dieser Überzeugung heraus kann jede Christin und jeder Christ sein Leben und Sterben in Gottes Hände legen. Wann oder wie Christinnen und Christen sterben, überlassen sie Gott, der Herr über Leben und Tod ist.

Andererseits sind wir aber auch dazu bereit, unser Sterben nicht unnötig zu verlängern. Wir dürfen darauf verzichten, alle vorhandenen medizinischen Mittel zu verwenden, um so lange wie möglich zu leben.

Mit der Patientenverfügung drücken Christinnen und Christen aus, dass wir für unser Leiden und Sterben Mitverantwortung übernehmen. Wer eine Patientenverfügung verfasst oder eine vorgefertigte Patientenverfügung unterschreibt, erfüllt damit einen Dienst an sich selbst, aber auch an seinen Mitmenschen.

Mit der Patientenverfügung können wir ausdrücken, ob wir im Sterbeprozess oder beim Ausfall zentraler Gehirnfunktionen lebensverlängernde Maßnahmen in Anspruch nehmen oder ob wir auf diese Maßnahmen verzichten wollen. Wir können damit sagen, ob wir eine Schmerzbehandlung selbst dann wünschen, wenn sie eventuell eine Lebensverkürzung zur Folge haben kann. Wir haben die Möglichkeit zu entscheiden, ob wir im Krankenhaus oder daheim sterben möchten. Wir können unserem Wunsch nach seelsorgerlichem Beistand Ausdruck verleihen. Damit greifen wir auf unser Sterben vor und stellen uns dem Tod. Wir weichen nicht ängstlich vor dem Gedanken zurück, dass auch wir einmal unser Leben auf dieser Erde werden beenden müssen.

Durch das Abfassen einer Patientenverfügung entlasten wir unsere Mitmenschen, gerade diejenigen, die sich besonders um uns sorgen; denn nicht sie müssen in einer oftmals sehr schwierigen Situation herausfinden, was unser Wille gewesen sein könnte und über unser Leben oder Sterben zu entscheiden. Gerade den Menschen, die wir lieben, ersparen wir mit einer Patientenverfügung in manchen Fällen Selbstvorwürfe: „Habe ich genug gegen das Sterben des geliebten Menschen getan?“ Wir entlasten damit auch die behandelnden Ärzte, die ihr Berufsethos dazu verpflichtet, Leben zu retten, wann immer dies möglich ist.

Die Patientenverfügung wird gelingen, wenn wir Martin Luthers Rat folgen: „Befrage und erforsche dein eigenes Herz genau; dann wirst du wohl finden, ob es allein an Gott (ex solo Deo) hängt oder nicht.“ Im Vertrauen auf Gott können wir unsere Verantwortung für das Sterben mit einer Patientenverfügung mitnehmen.