Ludwig Uhland

Ich hatt‘ einen Kameraden

Ein einzelner Trompetenspieler lässt am Grab die Melodie dieses Liedes erklingen. Erinnerungen schießen durch Kopf und Herz: Gemeinsame Erlebnisse in schwerer Zeit – glücklich, noch einmal davon gekommen zu sein – aber jetzt: endgültig aus. Was dort im Grabe liegt: als wärs ein Stück von mir. Tränen finden freien Lauf.

„Ich hatt‘ einen Kameraden, einen bessern findst du nicht.
Die Trommel schlug zum Streite, er ging an meiner Seite in gleichem Schritt und Tritt,
in gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen: gilt sie mir oder gilt sie dir?
Sie hat ihn weggerissen, er liegt vor meinen Füßen,
als wärs ein Stück von mir, als wärs ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen, derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben, bleib du im ewgen Leben,
mein guter Kamerad, mein guter Kamerad.“

Als wärs ein Stück von mir – das schmerzt. Der Tod ist grausam und ungerecht. Es ist Willkür, wer getroffen wird und wer nicht, wer zuerst sterben muss und wer nicht. Die Willkür des Todes ähnelt der Willkür des Krieges. Ludwig Uhland (1787-1862), schwäbischer Romantiker, schreibt dieses Kriegslied. Aber Krieg ist nicht romantisch – Tod auch nicht. Die Wehmut der Melodie von Friedrich Silcher (1789-1860) rührt uns zu Tränen angesichts des Unerklärlichen. Auch Wehmut ist Mut: der Mut, die Schmerzen des endgültigen Abschieds von einem geliebten Menschen zuzulassen, mit dem wir durch dick und dünn gegangen sind.

Harald Schroeter-Wittke