Die Toten Hosen
Nichts bleibt für die Ewigkeit
Du merkst nicht wie die Tage vergehen,
auch wenn es so scheint,
sie bleiben nicht stehen.
Sie tropfen stetig vor sich hin
wie ein Wasserhahn, der undicht ist.
Wenn du nachts hellwach in deinem Bett liegst,
hörst du wie es leise tickt.
Es ist ’ne Uhr in dir, sie läuft nur für dich,
sie erinnert dich dran, wie spät es ist.
Jeden Tag stirbt ein Teil von dir,
jeden Tag schwindet deine Zeit.
Jeder Tag ein Tag, den du verlierst,
nichts bleibt für die Ewigkeit.
Jeder Atemzug kostet dich Sekunden,
wie viel Minuten kriegst Du für dein Geld?
Los, wir schenken uns gegenseitig ein paar Stunden,
schmeißen Jahre von uns weg.
Von gestern und für morgen leben,
niemals für das Hier und Jetzt.
Du merkst, während du an deinen Plänen sitzt,
wie das Leben an dir vorüber zieht.
Jeden Tag stirbt ein Teil von dir,
jeden Tag schwindet deine Zeit.
Jeder Tag ein Tag, den du verlierst,
nichts bleibt für die Ewigkeit.
Nichts bleibt für die Ewigkeit!
Ewigkeit – Ewigkeit – Ewigkeit!
Memento mori – bedenke, dass du sterben musst. Der römische Imperator bekam diesen Satz von einem hinter ihm stehenden Sklaven beim Triumphzug durch Rom immer wieder eingeflüstert. Auf dem Höhepunkt von Ruhm und Ehre sollte dem Sieger deutlich gemacht werden, dass auch er nur ein Mensch ist. Die Toten Hosen erinnern daran, dass nichts für die Ewigkeit bleibt eher angesichts des einförmig verstreichenden Alltags. Mit jedem Tag, der – einförmig – vergeht, kommt man dem eigenen Tode näher.
Von gestern und für morgen leben: das erscheint als Falle, weil man dann ja die Gegenwart verpasst. Nur, wer die Gegenwart aber bewusst erlebt, kann sich später an etwas Bedeutsames erinnern. Und wer immer nur an die Zukunftsplanung denkt, der wird von seinen Sorgen und Besorgungen regiert und läuft Gefahr, darin verloren zu gehen.
Nichts bleibt für die Ewigkeit: das eigene Leben dauert nicht ewig und das letzte Hemd – wie der Volksmund weiß – hat keine Taschen. Solche Gedanken erwachen oft erst im Denken an den Tod. Wenn man alte Fotos betrachtet, wird einem klar: die Zeit bleibt nicht stehen, du wirst älter. Der Tod erinnert an das Leben, an das begrenzte Leben. Im Gedanken an den Tod gewinnt das eigene Leben den einmaligen Wert, den es hat.
Die begrenzte Zeit, die uns Menschen zugestanden ist, soll nicht einfach so vorbeiziehen: verrinnen, schwinden, verloren gehen. Der Gedanke an den Tod kann wach machen für das Leben. Daran erinnert das Lied der Toten Hosen.
Welcher Lebenskunst aber bedarf es, um das Leben im Angesicht des Todes zu leben? Ohne depressiv und ohne rastlos zu werden? Denn das gibt es ja auch: die große Rastlosigkeit nur ja nichts zu verpassen, das Leben so intensiv zu erleben wie nur möglich.
Bedenke, dass du sterben musst – vielleicht kann gerade die Erinnerung daran ja auch eine Entlastung sein und zu mehr Gelassenheit führen: du kannst nicht alles schaffen in deinem Leben. Es wird immer noch unendlich mehr geben, was du nicht getan hast. Du wirst nichts behalten, also brauchst du jetzt nicht immer mehr haben.
Vielleicht könnte man sich den Flüsterer, der an den Tod erinnert, ja auch freundlich vorstellen: als einen, der immer wieder zeigt: es geht nicht alles und manches vielleicht gar nicht, aber das, was jetzt geht: das tu. Und denke nicht zulange darüber nach, was du vielleicht verpasst. Und sei nicht traurig, dass alles endet. Denn endete es nicht, so könntest du es auch nicht schätzen. Nichts bleibt für die Ewigkeit.
Ingo Reuter