Nicht so traurig, meine Seele

Paul Gerhardt

Paul Gerhardt (1607-1676) war Pfarrer. Lange Zeit hatte er keine feste Anstellung. Nachdem er einige Jahre als Hauslehrer gearbeitet und mit 44 Jahren Propst in Mittenwalde war, wurde er mit 50 Jahren schließlich Seelsorger an der Nicolaikirche in Berlin. Dort tat er treu seinen Dienst und kümmerte sich um die Nöte und Sorgen seiner ihm anbefohlenen Gemeinde. Mit seiner besonderen Gabe des Dichtens wollte und konnte er den Menschen Trost geben. So schrieb er immer wieder seine Gedanken – und auch Predigten – in Gedichtform auf. Damit tröstete er sich auch selber, der sehr früh vier seiner Kinder durch Pest und andere Krankheit und schließlich auch seine Frau verlor. Er kannte aus eigener Erfahrung, was Leid und Kummer bedeuten.

Seine Gedichte wurden Lieder, weil sein begabter und engagierter Kantor an der Nicolaikirche, Johann Crüger, den textlichen Vorlagen schöne Melodien und Begleitsätze hinzu fügte, die man leicht singen konnte. Durch die Liedfassungen wurden die Gedichte von Paul Gerhardt überall bekannt und gerne gesungen. Sie handelten meistens von Trost und Zuversicht, von Gottes Treue und Liebe, aber auch von Freude und Dank nach Hilfe und Bewahrung.

Eins seiner Trostgedichte steht 100 Jahre später in einem bekannten Leipziger Hausgebets- und Gesangbuch (1736) mit einem schlichten Satz von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Die ruhig fließende Melodie – gedacht für eine Solostimme – ergänzt Bach mit harmonisch reichen Akkorden, die etwas wehmütig, aber gleichzeitig auch zuversichtlich klingen. Text und Musik ergänzen sich in guter und eindrucksvoller Weise.

Die erste und 15. Strophe lauten:

Nicht so traurig, nicht so sehr, meine Seele, sei betrübt,
dass dir Gott Glück, Gut und Ehr nicht so viel wie andern gibt.
Nimm fürlieb mit deinem Gott. Hast du Gott, so hat’s nicht Not.

Führe deines Lebens Lauf allzeit Gottes eingedenk:
wie es kommt, nimm alles auf als ein wohlbedacht Geschenk.
Geht dirs widrig, lass es gehn, Gott im Himmel bleibt dir stehn.

Karl-Heinz Saretzki

Quelle: Johann Sebastian Bachs Gesänge zu Christian Schemellis „Musikalischem Gesangbuch“ Leipzig 1736
CD – Einspielung: Gesamteinspielung sämtlicher Werk von Johann Sebastian Bach durch die Bach-Akademien Stuttgart / Leitung: Helmut Rilling (Hänssler Verlag, Stuttgart)