Zur Geschichte dieses Liedes:
Dieses Gebet steckt voller kindlichem Vertrauen: in Schutz und Obhut von Gott, dem Vater, Vertrauen in seine Vergebung und Menschenfreundlichkeit. Er ist Beschützer, Ruhegeber, Tröster. Er ist der Erhalter der Welt – auch wenn die Menschen schlafen und nicht nach ihr schauen können. Gerade in der letzten Strophe schwingen Worte aus Psalm 121 mit: „Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht“ (PS 121,4); als Bild hierfür steht der Mond, der, so der Gebetswunsch, an Stelle der Menschen nach der Welt schauen soll – der Beständigkeit symbolisiert und die beängstigende Dunkelheit erhellt.
Luise Hensel, eine enge Freundin von Clemens Brentano, muss in ihrem Leben viele kummervolle Erfahrungen machen: mit 12 Jahren verliert sie ihren Vater und die Familie ist gezwungen vom Land nach Berlin überzusiedeln. Auch den Tod zweier Geschwister muss sie miterleben; ihr Lebenslauf wirkt ruhelos, als sei sie ständig auf der Suche. Sie erhält eine gute Ausbildung, bleibt aus religiösem Entschluss jedoch zeitlebens unverheiratet. So bestreitet sie ihren Lebensunterhalt selbst, als Gesellschafterin, Erzieherin und Hauslehrerin. Nach dem Tod ihrer Schwester nimmt sie deren Sohn zu sich; ihre Berufe lassen sie oft umziehen und sie reist auch viel.
Das Gedicht verfasste sie 1817 als junge Frau in ihrer schaffensreichsten Phase. Dies war kurz bevor sie vom lutherischen Protestantismus zum Katholizismus konvertierte. Und dieser Schritt ist vielleicht auch der Grund dafür,
dass das Gebet in beiden Konfessionen so bekannt und beliebt geworden ist.
Luise Hensel hatte nie viel Zeit, ihr poetisches Können zu nutzen. Auf ihr Leben zurückblickend und durch die Gicht ans Bett gefesselt schrieb sie gegen Ende ihres Lebens die folgenden Zeilen:
»Müde bin ich, geh‘ zur Ruh‘,«
Sang ich in der Jugendtagen.
»Schließe beide Augen zu!«
Wird nun bald der Tod mir sagen –
Herr, mein Gott, das walte du!
Die Zeilen knüpfen an das Lied aus ihrer Jugend an und drücken auch an der Schwelle zum Tod das gleiche Vertrauen in Gottes Fügung aus, wie die Dichterin es in ihrem Leben gezeigt, gelebt und nie verloren hat.
(Erklärung von Ute Nürnberg)