Britta Laubvogel und Jost Wetter-Parasie, Wenn die Liebe Trauer trägt, Gießen 2012.

„Ich will sterben wie ein Baum, alt und reif und lebenssatt“ So hat es der Pfarrer und Musiker Matthias Laubvogel in einem seiner Lieder gesungen. Anfang 2006 starb er, erst 50 Jahre alt, nur vier Monate nach der Diagnose Lungenkrebs. Ein Schock für die Familie – seine Frau Britta und die vier Kinder -, und ein Schock für die Evangelische Kirchengemeinde Groß-Karben, wo er in der kurzen Zeit, in der er dort erst Pfarrer war, vieles neu angestoßen hatte.
In diesem Herbst hat Britta Laubvogel gemeinsam mit dem Psychotherapeuten Jost Wetter-Parasie ein Buch über die Zeit danach veröffentlicht: „Wenn die Liebe Trauer trägt – Was beim Abschiednehmen von einem lieben Menschen hilft“. Laubvogel ist heute Bildungsreferentin im Evangelischen Dekanat Wetterau und lebt in Friedberg. Wetter-Parasie hat die Familie Laubvogel in der Zeit des Abschiednehmens als Freund und Arzt begleitet – daraus entstand die Idee zu einem Buch, in dem den persönlichen Erinnerungen von Britta Laubvogel mit fachlichen Erläuterungen und Kommentaren aus therapeutischer Sicht kontrastiert werden.
Diese Rollenaufteilung hat dem Buch gut getan. Laubvogel berichtet authentisch und in gefühlsstarken Bildern, wie sie die Zeit nach dem Tod ihres Mannes erlebt hat. Wie sie in den ersten Tagen immer noch Kaffee für zwei kocht, der Schmerz sich wie ein Abgrund anfühlt, dann das langsame Herantasten an ein Leben ohne den langjährigen Partner, das Überstehen von Jahrestagen, der Umgang mit Erinnerungen, die Schritte in ein neues Leben. Wetter-Parasie liefert gewissermaßen die Theorie dazu, aus dem Abstand des Freundes, der auch Mediziner und Theologe ist. Fallbeispiele aus seiner beruflichen Praxis erweitern den Blick über das individuelle Schicksal hinaus.
Dass Trauer kein gradliniger Weg von A nach B ist, wie der Begriff  „Trauerarbeit“ suggeriert, diese Erfahrung, teilt Laubvogel wohl mit den meisten Trauernden. Die beiden Autoren haben in ihrem Buch dafür ein Bild gefunden: das“Haus der Trauer“. Es hält viele Räume bereit: den Raum des Schmerzes, den Raum der Erinnerung, den Raum der Liebe, die über den Tod hinaus bleibt und schließlich den Raum der Wandlung. Nicht immer werden diese Räume in der beschriebenen Reihenfolge durchschritten. Es gibt Tage, an denen der Trauernde auf seinen Spuren zurückgeht und Räume aufsucht, die er schon hinter sich glaubte. Britta Laubvogel erlaubt dem Leser einen tiefen Blick in Gefühle und Erinnerungen, indem sie ihren persönlichen Gang durch diese Räume beschreibt. Ihre Gedichte und die eingestreuten Meditationen zu Bibeltexten bewegen durch ihre Authentizität und eröffnen dem Leser gleichzeitig eine Tür zum eigenen Erleben. Doch finden sich im Buch auch eine Fülle von praktischen Anregungen, was auf diesem Weg hilfreich sein kann: das reicht von Ritualen für Abschied und Erinnerung über Körperübungen bis hin zu Fragen der Grabgestaltung.
Das letzte Kapitel „Was darf ich hoffen?“ führt hinaus aus dem Haus der Trauer in den „Garten der Sehnsucht“, in dem das Leben neue Möglichkeiten bekommt.
Das Buch erzählt auch von Menschen, die Britta Laubvogel in der Zeit des Abschiednehmens Freunde waren oder geworden sind. Häufig Menschen, die einen ähnlichen Verlust erlebt und die Wege durch das Haus der Trauer mit ihr geteilt haben. Für manch einen Leser könnte auch dieses Buch zu einem solchen Freund werden.

Annegret Rach

ISBN: 978-3-7655-1511-8