Gedenkgottesdienst für Verstorbene am Ewigkeitssonntag 2005

Orgelvorspiel
Begrüßung
Lied (Ich bin ein Gast auf Erden EG 529,1-3.6)
Votum
Psalm 126
Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird,
so werden wir sein wie die Träumenden.
Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein.
Dann wird man sagen unter den Heiden:
Der Herr hat Großes an ihnen getan!
Der Herr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich.
Herr, bringe zurück unsre Gefangenen, wie du die Bäche wiederbringst im Südland.
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen
und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.
Gebet
Stimmen von Trauernden
Wir wollen auf die Stimmen von Trauernden hören.
Nein, die Zeit heilt keine Wunden.
Bin ich an einem Ort, an dem wir gemeinsam waren, übermannt mich der Schmerz der Erinnerung. Bin ich an einem Ort, an dem wir nie zusammen waren, ist es Schmerz darüber, dass er diesen Ort nie sehen wird. Die Wunden heilen nicht, auch nicht mit der Zeit. Aber das Leben verändert sich (.) Die Zeit bringt uns in ein anderes Leben, ganz langsam, manchmal unmerklich. Ich stelle fest, dass ich mich mit dem neuen Leben arrangiere. In erster Linie meinen Kindern zuliebe. Das ist es was die Zeit tun kann: uns langsam in das neue, andere Leben führen. Wunden heilen kann sie nicht.
Gestern las ich in einem Buch etwas, was mir Mut gemacht hat, gegen diesen Zustand anzukämpfen (gegen den Zweifel, ob es je besser werden wird, gegen die Angst vor der Veränderung): „Mut ist, vor etwas Angst zu haben und es trotzdem zu tun.“
Aus: … und das Leben bekommt mich zurück. Ein Lesebuch (nicht nur) für Verwitwete, Stuttgart 2005, S. 48.
Trauer ist Schwerstarbeit.
Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt. – Dieser Spruch gefällt mir sehr; bin auf den Tag genau seit 17 Monaten verwitwet. Als ich heute Morgen dar-über nachdachte, war es mir, als sei es erst vorhin passiert.Ich werde niemals meine große Liebe vergessen und weiß, dass er immer bei mir ist! Die ersten 12 Monate waren schlimm.Danach ging es Schritt für Schritt aufwärts mit mir. (Manchmal ist was dran an dem Spruch vom Trauerjahr.) Ich habe langsam angefangen – und gehandelt. Natürlich hat das Leben ein bisschen mitgeholfen! Eines habe ich dabei gelernt: Jeder geht mit seiner Trauer anders um. Vielen kann man beistehen, aber manche wollen eigentlich gar nicht geholfen bekommen, sie rennen vor sich selbst davon. Trauer ist Schwerstarbeit
Man muss sie durchleben, sonst kommt man keinen Schritt voran. Die Zeit ist unser Heiler. Niemals werden die Wunden verschwinden, aber sie werden sanft zugedeckt. Mit der Zeit habe ich gelernt einiges zu verdrängen und es bekommt mir gut.
Aus: … und das Leben bekommt mich zurück. Ein Lesebuch (nicht nur) für Verwitwete, Stuttgart 2005, S. 54.
Mit der Trauer leben
Für mich heißt Loslassen nicht, den Verstorbenen zu vergessen und aus meinem Herzen zu reißen. Für mich hat es eher die Bedeutung, dass ich lerne, mein Leben ohne diesen Menschen zu leben, in der Gewissheit, dass er, in welcher Form auch immer, stets bei mir ist. Loslassen bedeutet für mich auch nicht, dass meine Trauer eines Tages aufhört, sondern dass ich lerne mit ihr zu leben und sie als Teil von mir akzeptiere. Loslassen bedeutet für mich vor allem: Ich hadere nicht mehr mit dem Schicksal und lasse den geliebten Menschen gehen, damit er dort, wo er jetzt ist, seinen Frieden findet. Aus: … und das Leben bekommt mich zurück. Ein Lesebuch (nicht nur) für Verwitwete, Stuttgart 2005, S. 58.

Gedenken der Verstorbenen des vergangenen Jahres
(Die Namen der Verstorbenen des vergangenen Jahres werden vorgelesen und eine Kerze für sie entzündet.)
Lesung Offenbarung 21, 1-7
Bildbetrachtung (Dia aus: Kurt Rainer Klein, Meditationen zum Thema Baum, Dia: Baumstumpf, Begeittext S.69ff.)
Abgesägt – zwanzig Zentimeter über der Bodenkrume. Zurück bleibt der Stumpf eines Baumes. Ist das alles? Offensichtlich! Es ist nicht heute, auch nicht gestern geschehen. Eine Weile muss es her sein. Das, was übrig geblieben ist zeigt sich in keinem guten Zustand. Die Rinde hat sich weitestgehend gelöst. Grüne Moose und blauweiße Algen überziehen den Stumpf. Vertikale Risse sind erkennbar. Der Baumstumpf erscheint teilweise ausgehöhlt und von innen heraus zu verfaulen. Was einst mächtig ist in der Höhe ragt, ist abgesägt. Warum? Weil der Baum gestört hat? Weil sein Holz für etwas Verwendung fand? Weil der Stamm nass und krank geworden ist? Über Mutmaßungen kommen wir nicht heraus. Wir sehen, was ist, nicht was war. Geblieben ist ein kärglicher Rest, der an mehr erinnert als wir noch sehen. Geblieben ist die Erinnerung an den Ort, wo einst ein stolzer Baum seine Zweige in die Lüfte schwang. Wer vor Zeiten hier vorbei kam konnte ihn sehen. Vielleicht auch schon ahnen, dass er nicht mehr lange sein wird.
Bei Hiob lesen wir (Hiob 14,7-10):
Ein Baum hat Hoffnung, auch wenn er abgehauen ist; er kann wieder ausschlagen, und seine Schößlinge bleiben nicht aus.
Auch wenn seine Wurzel in der Erde alt wird und sein Stumpf im Boden erstirbt,
so grünt er doch wieder vom Geruch des Wassers und treibt Zweige wie eine junge Pflanze.
Stirbt aber ein Mann, so ist er dahin; kommt ein Mensch um – wo ist er? In meinen Erinnerungen? Bei Gott? In meinem Her-zen? Im Himmel? Wo? Eine Frage auf die es mehr als eine Antwort gibt. Und nur derjenige, der um einen geliebten Menschen trauert kann sie für sich beantworten. Doch was uns Christen verbindet ist die Hoffnung, dass es ein Leben nach dem Tod gibt – die Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Die Hoffnung, dass Gott wird abwischen alle Tränen von unseren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz.
„Was bleibt!“ fragen wir uns manchmal. Was bleibt ist unsere Hoffnung.
„Was bleibt“ ist unsere Trauer.
„Trauern ist wie ein großer Felsbrocken. Wegrollen kann man ihn nicht. Zuerst versucht man nicht darunter zu ersticken, dann hackt man ihn Stück für Stück kleiner, und den letzten Brocken steckt man sich in die Hosentasche und trägt ihn ein Leben lang mit sich herum.“ (Aus: … und das Leben bekommt mich zurück. Ein Lesebuch (nicht nur) für Verwitwete, Stuttgart 2005, S. 58)
Was bleibt sind unsere Erinnerungen, gute und ungute Gefühle. Der Wunsch noch einmal diese Zeit zu durchleben oder das Durchatmen, diese Zeit hinter sich gebracht zu haben. Da muss sich jeder selbst befragen im Blick auf das, was ihm jetzt vor Augen steht. In der Regel bleibt aber so etwas wie ein Baumstumpf. Das will sagen: Das, was war, ist nicht einfach gewesen und vorbei. Ein Teil lebt in uns weiter. Es dauert ein wenig. Monate, manchmal auch Jahre bis wir das begreifen. Irgendwann kommen wir dann an einen Punkt wo wir die krisenhafte Zeit überwinden und sehen, wie aus dem Baumstumpf heraus ein zartes Pflänzchen wächst.
Dietrich Bonhoeffer sagte einmal: Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines lieben Menschen ersetzen kann, und man soll das auch gar nicht versuchen. Man muss es einfach aushalten und durchhalten. Das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost. Denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
Lied (Freunde das der Mandelzweig EG 613,1-4)
Lied Tears in Heaven  (erst wird der Text gelesen und dann das Lied gespielt)
Wirst du meinen Namen wissen, wenn ich dich im Himmel wieder sehe, wird es wie früher sein, wenn ich dich im Himmel wieder sehe? Ich muss stark sein und weitermachen. Denn ich weiß, ich gehöre (noch) nicht in den Him-mel. Wirst du meine Hand halten, wenn ich dich im Himmel wieder sehe Wirst du mir helfen aufzustehen, wenn ich dich… Ich finde meinen Weg durch Tag und Nacht, denn ich weiß, ich kann (noch) nicht im Himmel bleiben. Die Zeit kann dich herunterziehen, die Zeit kann dir die Knie weich machen, die Zeit kann dir das Herz brechen hast du um einen Gefallen gebettelt Jenseits der Türe, da ist Frieden, und ich weiß ganz sicher, dass es im Himmel keine Tränen gibt. Wirst du meinen Namen wissen, wenn ich dich im Himmel wieder sehe, wird es wie früher sein, wenn ich dich im Himmel wieder sehe? Ich muss stark sein und weitermachen. Denn ich weiß, ich gehöre (noch) nicht in den Himmel.
Eric Clapton schrieb das Lied „Tears in Heaven“ nach dem Tod seines 5 jährigen Sohnes Conor.
Fürbittengebet
Ewiger, allmächtiger Gott, deine Liebe ist stärker als der Tod.
Wir gedenken vor dir aller,
die wir verloren haben in unseren Familie und von unseren Freunden,
in unserem Land und überall in der Welt.
Weil deine Liebe unendlich ist
und dein Erbarmen grenzenlos, erinnern wir uns vor dir an alle, die wir gekannt haben,
an die Namen der Menschen, die deine liebe umfing.
Wir denken vor dir an alle, die in diesem Augenblick sterben,
weil sie alt und krank sind,
weil sie einsam sind und keine Hoffnung haben,
weil sie hungern,
weil sie gefoltert werden,
weil sie Opfer werden von Katastrophen und Unfällen, von Krieg, Unterdrückung und Mord.
Erlöse sie von unerträglichen Schmerzen.
Nimm von ihnen Angst und Verzweiflung.
Schicke ihnen Hilfe zu. Gott wir bitten dich, gib Mut gegen die Angst,
Vertrauen gegen Verzweiflung,
Hoffnung gegen Sinnlosigkeit.
Nimm dich unser gnädig an, rette und erhalte uns.
Denn dir allein gebührt der Ruhm, die Ehre und die Anbetung,
dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
In der Stille bringen wir vor dich, was uns bewegt.
(Aus: Reformierte Liturgie, S.253)
Vater Unser
Lied (Bewahre uns Gott EG 171,1-4)
Abkündigungen
Segen
Orgelnachspiel

von Carmen Berger-Zell