Mit Herz, Scherbe und Schokolade

Wie geht ein Mensch mit einem Verlust im Gepäck seinen Lebensweg? Interaktiv, mit allen Sinnen und einem Holzstück in der Hand können dem trauernde Menschen bei einer Wanderung im Evangelischen Dekanat Ingelheim-Oppenheim nachgehen.

Eine große Kiste mit den unterschiedlichsten Holzarten wird Trauerbegleiterin Connie Starck vom Ökumenischen Hospizverein Rhein-Selz für die Wanderinnen und Wanderer bereithalten: „Es gibt Baumscheiben, Latten, Äste oder auch Knorzen, wie wir hier in Rheinhessen die abgeschnittenen Teile der Weinreben nennen.“ Beim Trauerwandern von Hospizverein und Dekanat Ingelheim-Oppenheim am Sonntag, 11. November 2019, kann sich dann jeder Teilnehmende das für ihn passende Holzstück heraussuchen und es mit auf den vier Kilometer langen Weg nehmen.

Am Holz: Eine Scherbe für den Bruch

„Seine Trauer legt ein Mensch nicht einfach ab“, sagt Trauerbegleiterin Connie Starck. „Trauernde Menschen leben viel mehr mit ihrem Verlust weiter und müssen ihn irgendwie in ihr Leben integrieren.“ Das ist die Theorie. In der Praxis will sie das jetzt bei der Wanderung und ihren fünf Stationen erfahrbar machen – ganz interaktiv und mit allen Sinnen.

Zum Start gibt es für alle eine Tonscherbe als Zeichen für den Bruch im eigenen Leben. Die Scherbe kann ebenso an das Holz gebunden werden wie die Schokolade oder die Teebeutel, die beim späteren Nachdenken über das Sorgen für sich selbst verteilt werden.

Am Holz: Das Foto eines Verstorbenen

Ausgelöst hatte die Idee zu dieser Trauerwanderung die aktuelle Impulspost „Trauer mit mir“ der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. „Jeder Mensch hat einen ganz individuellen Weg mit seiner Trauer und sucht sich die Angebote aus, die seinem Typ entsprechen“, ist die Erfahrung von Trauerbegleiterin Starck. Im Rahmen der Aktion „Trauer mit mir“ sei daher neben weiteren Veranstaltungen im Dekanat mit dem Wandern ein Angebot für die Menschen geschaffen worden, die gerne unterwegs und in Bewegung sind und sich sinnlich mit ihrem Verlust auseinandersetzen möchten.

Auf dem Weg von Oppenheim nach Nierstein im rheinland-pfälzischen Landkreis Mainz-Bingen wird mit einem Herz aus Papier über den ganz persönlichen Verlust ebenso nachgedacht werden wie über die eigenen Kraftquellen. Das Papierherz am Holz ist ein Platzhalter, in den Fotos oder andere Erinnerungen an den gestorbenen Menschen eingefügt werden können.

Am Holz: Ein Teelicht für die Hoffnung

Einen Impuls von Esther Gröschel aus dem Vorstand des Ökumenischen Hospizvereins Rhein-Selz gibt es an der letzten Wegstation: Die Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Dolgesheim/Weinolsheim wird über die Hoffnung und die Auferstehung sprechen. „Als Symbol erhalten alle jeweils ein Teelicht, das gut ans Holz genagelt werden kann“, sagt Connie Starck, die das mit dem Vorbereitungsteam bereits getestet hat. Sein Stück Holz könne natürlich jeder und jede als Erinnerung und Symbol für den eigenen Lebensweg mit nach Hause nehmen.

„Wenn Menschen in Bewegung kommen, lösen sich bei ihnen oft aufgestaute Gefühle“, sagt Connie Starck. Mit unterwegs sind daher mehrere ausgebildete Trauerbegleiterinnen und -begleiter. Und am Ziel gibt es an der evangelischen Martinskirche in Nierstein nicht nur warmen Tee und leckeres Gebäck, sondern auch die Adressen und Kontakte aller Angebote für trauernde Menschen in der Region.

Trauerwandern in Oppenheim

Sonntag, 10. November 2019, 14 Uhr bis ca. 16.30 Uhr: „Mit der Trauer unterwegs sein – in Bewegung kommen.Startpunkt ist um 14 Uhr der Friedhof an der Gaustraße 30 in Oppenheim, Endpunkt die evangelische Martinskirche am Marktplatz in Nierstein. Für unterwegs sind wetterfeste Kleidung von Vorteil, bei sehr schlechtem Wetter werden die Stationen im evangelischen Johannes-Busch-Haus an der Mühlgasse 28 in Nierstein abgegangen.

Die Teilnahme ist kostenfrei und unabhängig von Konfession, Religion oder Nationalität. Anmeldung bei Pfarrerin Esther Gröschel unter Tel. 06733 9476181 oder per Mail an kirchengemeinde.dolgesheim@ekhn.de

31. Oktober 2019