Meditation

Tränenmeer

Wenn ich ein Hindernis in einem Bachlauf wegräume, einen Stein oder Äste, dann kann das Wasser ungehinderter fließen. Drehe ich einen Hahn auf, fließt kühlendes Nass. Bricht ein Damm, strömen gewaltige Fluten und überschwemmen alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Wasser sucht sich seinen Weg – immer.
Mit unseren Tränen kann es ganz ähnlich sein. Manchmal werden sie blockiert, vielleicht von unserer Angst, oder dem Wunsch, keine Schwäche zeigen zu wollen, oder weil wir uns so ohnmächtig fühlen und befürchten, die salzigen Perlen nicht mehr kontrollieren zu können. Ja, es kann sein, dass unser Tränenmeer so gewaltig ist und der Druck, unter dem wir stehen so groß, dass sie aus uns unkontrolliert heraus brechen und wir uns von ihnen überschwemmt fühlen.
Wie oft halten wir aber unsere Tränen zurück, schlucken sie runter, wischen einzelne Irrgänger eilends weg. Wir wollen anderen nicht zeigen, wie verletzt wir sind, wie weich und hilfsbedürftig, wie betrübt.
Und doch ist da der Wunsch, die Tränen einfach mal fließen zu lassen. Was hilft mir dabei? Zu allererst brauche ich einen geschützten Raum, einen Ort, an dem ich mit meinen Gefühlen hingehen kann. Musik, Worte und Menschen an meiner Seite können helfen, doch was ich unbedingt brauche, ist Vertrauen, in mich, in andere, in Gott.

Bernhard Krause