Meditation

Wie sehr sie mich bedrängen: die Angst, der Zweifel, die Trostlosigkeit, das spüre ich an meiner Ohnmacht. Ich bin müde, vermag ihnen nichts entgegen zu setzen. Außer einer zaghaften Hoffnung vielleicht, dass ich einmal wieder Boden unter die Füße bekomme, dass ich irgendwann einmal wieder fest stehe und nicht mehr schwanke im Wind der dunklen Gefühle. Jetzt habe ich nichts im Griff, am wenigsten mich selbst und all die Schatten, die mir in der Seele wohnen und die ich klein gehalten habe bis heute. Die sich jetzt Bahn brechen. Jetzt, da ich stark sein möchte, bewältigen will.
Hin- und hergerissen im unguten Spiel der Mächte und Schatten: ich. Gibt es etwas oder einen, gibt es eine Macht, an die ich mich halten, an der ich mich festhalten kann?
Da ist die Macht der Liebe, die aus Gott entspringt; daran kann ich mich halten. Mehr noch: Die hält mich. Und sie hält mich, auch wenn ich es nicht spüre. Liebe: „Jetzt heilt es leise unter uns“ wusste Rilke, und Nelly Sachs nannte den Frieden „die leiseste aller Geburten“. Wo Liebe mächtig ist, wo sie Frieden schafft für das Herz, für die Seele, da geht es leise zu. Sie ist wirkmächtig in anderer Weise als die „Mächte und Gewalten“, denen ich mich ausgeliefert fühle. Leise webt sie sich in meinen Tag, leise dringt sie durch meinen Schmerz, leise glänzt sie in meinen Tränen – und leise hält sie mich fest Am Ende setzt sich das Leise durch, und die Liebe, die ohnmächtig scheint, obsiegt. Leise heilt sie „unter uns“ – auch wenn ich es nicht fühle (so still kommt sie daher): Darauf ist Verlass!

Thomas Weiß