Niemand soll vergessen sein – Neues Buch zur Bestattungs- und Trauerkultur erschienen

Bestattungsfeiern und Gedenken verändern sich: Zunehmend werden sie von den Menschen selbst gestaltet, während Firmen den gewünschten Rahmen dazu liefern. Damit die Kirche ihre Stimme bei diesem Prozess nicht verliert, bietet das Buch „Niemand soll vergessen sein“ theologische Hintergründe und praktische Anleitungen.

Am Ende wird alles anders: Waren der Tod und vor allem seine Überwindung lange Zeit ein christlich besetztes Thema, verlieren die Kirchen in unserer Gesellschaft ihr Monopol bei der Begleitung der Menschen an diesem existenziellen Lebenspunkt. Denn jetzt bieten Bestatter sakrale Räume mit bunten Glasfenstern für die Abschiedsfeier an, Trauernde gedenken ihrer Verstorbenen an Online-Gräbern im Internet, und Sterbende planen ein Urlaubsbild anstelle des Kreuzes für ihre letzte Ruhestätte.

Der kulturelle Wandel sei enorm und bei diesem Prozess dürften Kirche und Diakonie nicht außen vor bleiben, meinen Rechtsanwältin Barbara Heuerding und Pfarrerin Dr. Carmen Berger-Zell, die Herausgeberinnen des Praxisbuchs „Niemand soll vergessen sein. Bestatten – Gedenken – Erinnern“. Die Leiterin der Abteilung Gesundheit, Alter und Pflege und die Theologische Referentin bei der Diakonie Hessen rufen Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen auf, die sich wandelnde Bestattungs-, Erinnerungs- und Gedenkkultur aktiv zu begleiten, sie mitzugestalten und wenn nötig, Missständen entgegenzuwirken. Ihr Buch bietet dafür theologische Hintergründe, praktische Beispiele und einen Überblick über traditionelle und neue Bestattungsformen.

Das Buch wendet sich vor allem gegen eine „Entsorgungsmentalität“ aus Kostengründen. Denn eine würdevolle Bestattung und das ehrenvolle Gedenken stünde jedem Menschen zu: „Egal, welchen Status er zu Lebzeiten hatte, wie viel Geld er besaß und ob er Angehörige hatte“, schreibt Pfarrerin Berger-Zell in ihrem Vorwort. Der Wunsch der Menschen nach eigenem Mitgestalten und einer Mitbestimmung bei Bestattung und Gedenken ist für die Herausgeberinnen kein Zeichen von Egozentrik, sondern Ausdruck des Widerstands gegen die Anonymisierung des Sterbens und der Bestattung.

Was die Kirche tun kann, das wird im Buch auch anhand des wieder in Betrieb genommenen Totenhofs einer Kirchengemeinde im hessischen Main-Kinzig-Kreis aufgezeigt. Die Gemeinde setzte dort auf den biblischen Zuspruch aus dem Buch des Propheten Jesaja (43,1) „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“: Mitten im Ort sind 200 Menschen in Rasengräbern und mit ihrem Namen auf einer Gedenktafel auf Kosten der Kirchengemeinde bestattet worden. Sie alle wären ansonsten anonym beigesetzt worden.

„Unser Heil hängt nicht davon ab, wo und wie wir bestattet werden“, heißt es in dem Buch. Heilend seien jedoch Beerdigungsfeier und Gedenkstätten für die Zurückgebliebenen, die einen Ort für ihre Trauer und Neuorientierung bräuchten. Solche Orte beschreibt das Buch mit den kirchlich organisierten Abschiedsfeiern für Wohnungslose, mit Erinnerungsecken für totgeborene Kinder in evangelischen Krankenhäusern oder mit dem „Lebensgarten“ auf dem Karlsruher Friedhof, den Trauernde entlang von Holzskulpturen beschreiten können.

Handfeste Anleitungen bietet das Buch mit abgedruckten Gebeten, Liedern und Bibelstellen, mit detaillierten Informationen über die gesetzlichen Vorgaben der Bestattung sowie der finanziellen Hilfen durch den Staat, die es bei ihrer Durchführung für Bedürftige gibt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Barbara Heuerding (Hg.) / Carmen Berger-Zell (Hg.), Niemand soll vergessen sein. Bestatten – Gedenken – Erinnern. Ein Praxisbuch, 239 Seiten, ISBN 978-3-7615-6517-9, Neukirchener Verlag. Gefördert von: Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Diakonie Hessen, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck.

27. September 2018